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- Veröffentlicht am Samstag, 22. März 2025 10:13
Bischof Wiesemann hielt die Trauerrede. - Bilder © Klaus Landry
Ein zutiefst aus christlichen Werten denkender und lebender Mensch
Bischof Wiesemann und zahlreiche Wegbegleiter verabschieden sich von Prof. Dr. Bernhard Vogel
Speyer. - Mit einem feierlichen Requiem haben sich am Freitag im Speyerer Dom zahlreiche Familienmitglieder, Politiker und Wegbegleiter von Bernhard Vogel verabschiedet.
Der ehemalige Ministerpräsident war am 2. März im Alter von 92 Jahren verstorben. Nach seinem Amt in Rheinland-Pfalz (1976-1988) war er von 1992 bis 2003 auch Ministerpräsident in Thüringen.
Einzug des Domklerus zum Requiem für Bernhard Vogel.
Bernhard Vogel war dem Bistum Speyer und insbesondere dem Kaiser- und Mariendom stets eng verbunden – insbesondere durch seine Mitarbeit im Kuratorium der Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer, dem er seit dessen Gründung im Jahr 1999 angehörte. Außerdem war er Vorstandsmitglied der St. Dominikus Stiftung.
Der Gottesdienst wurde musikalisch vom Domchor Speyer unter der Leitung von Markus Melchiori geleitet, die Orgel spielte Domorganist Markus Eichenlaub.
Unbeirrbare Unerschütterlichkeit seines Glaubens
Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann erinnerte sich zu Beginn seiner Predigt an ein Gespräch mit Bernhard Vogel: „Lieber Herr Bischof, haben Sie Mut und Vertrauen! Die Kirche wird auch die heutigen Krisen überstehen. Vergessen Sie nicht, was ihr verheißen ist: ‚Die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.‘“
Bernhard Vogel habe diese Worte in seinen letzten Lebensjahren mehrmals an ihn gerichtet, und er habe die Worte „mit ihrer so sympathisch mitfühlenden Wärme und authentischen Ausstrahlung noch bis in die Klangfarbe hinein im Ohr“.
Vogel habe ihm in Zeiten, in denen es ihm innerlich schlecht gegangen sei, Hilfe angeboten, er habe ihn verstanden – denn „auch er litt mit und an seiner Kirche, die für ihn von Kindheit an (…) eine innere Heimat war, der er als kritisch-loyaler Katholik und zutiefst aus christlichen Werten denkender und lebender Mensch ein Leben lang unerschütterlich verbunden war“.
Vogels politisches Engagement sei zeitlebens von seinem kirchlichen Engagement geprägt gewesen, „das die neuere Kirchengeschichte in unserem Land nicht unwesentlich mitgeprägt hat“ – ob als Präsident des Essener Katholikentags 1968, als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke, als Mitglied der Synode in Würzburg oder als Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken. Bischof Wiesemann weiter:
„Und hier in seiner Stadt Speyer, die ihm mehr als die Hälfte seines Lebens lang wesentlicher persönlicher Wohn- und Rückzugsort war, in der Schulstiftung der Dominikanerinnen oder auch von Anbeginn im Kuratorium der Europäischen Stiftung Kaiserdom.“
Für Bernhard Vogel sei der Speyerer Dom steingewordene Vergegenwärtigung einer „Polis“ gewesen, in der Gott inmitten der Menschen wohnt. „Der Spey‘rer Dom war für ihn ein sichtbares Zeichen dafür, dass alles geschichtliche Auf und Ab von etwas Bleibendem, Unzerstörbaren getragen wird. Bernhard Vogel lebte ganz existentiell aus der christlichen Hoffnung.“
Ungemein beeindruckt an Bernhard Vogel habe ihn, betonte der Bischof, „diese unbeirrbare Unerschütterlichkeit seines Glaubens, seine im tiefsten ungebrochen positive Einstellung zum Leben, zum Schöpfer des Lebens und zur konkreten kirchlichen Gemeinschaft im Glauben an diesen Gott des Lebens, nie konfessionell verengt, aber immer, auch in kritischen Zeiten, verbunden mit seiner Kirche“.
Sein ganzes politisches Leben sei durch einen „unerschütterlich verfolgten, christlichen Wertekompass, der ihn etwa durch seinen Mut, Menschenrechtsverletzungen deutlich zu benennen, auch die Achtung politisch nicht unbedingt gleichgesinnter Kreise einbrachte“, geleitet gewesen. Unermüdlich sei er ein Leben lang für Land und Leute unterwegs und aktiv gewesen.
„Zuhören und miteinander verbinden – das war sein leidenschaftlich politisches, aus Liebe zum Land und den Menschen aber unideologisches Credo. Vertrauen und Freundschaft, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit waren ihm heilig.“
Bischof Wiesemann: „Vielleicht ist das das Stärkste und Wichtigste, was christliche Politik der Welt von heute mitgeben kann: die Kraft der Hoffnung, die mit dem Himmel die Zukunft offen hält und nicht denen überlässt, die mit der Angst der Menschen ihr menschenverachtendes Machtspiel treiben.“
Bernhard Vogel gehöre zweifelsohne in die große Reihe christlicher Politiker, die ein anderes Deutschland und Europa aufbauen wollten, das von der Achtung vor der unantastbaren Würde jedes Menschen und von der Bereitschaft zu Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit unter den Völkern geprägt ist.
„Unsere Zeit braucht Menschen, die ein klares inneres Gegengewicht zu den aktuell wirkenden zentrifugalen Kräften entschlossen in sich tragen.“
Respekt und Dank über den Tod hinaus
Bernhard Vogel engagierte sich in seinem Leben für viele Gremien und Projekte, und ging auch als Politiker in die Geschichte ein. Sein vielfältiges Wirken wurde in verschiedenen Nachrufen deutlich.
Dr. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken: „Bernhard Vogel war ein Homo Politicus ersten Ranges. Er war ein zugewandter Mensch. Und er war ein Katholik im Vollsinne des Wortes: Allumfassend in seinem Denken. Brücken bauend, wo immer möglich. Kraftvoll in seiner Art, Ämter auszufüllen und die in ihnen liegenden Möglichkeiten zu nutzen. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hatte die Ehre, ihn für vier Jahre als seinen Präsidenten zu erleben.
Als Bernhard Vogel 1972 Präsident des ZdK wurde, begann eine neue Ära im höchsten deutschen Laiengremium der katholischen Kirche. Sie war geprägt von prägnanten, in landespolitische Verantwortung gehenden oder aus ihr kommenden Persönlichkeiten. Bernhard Vogel begründete qua Amt einen politischen Katholizismus der 70er Jahre, dessen Faden die ihm Nachfolgenden aufnahmen. Es war ein politischer Katholizismus der Eigenständigkeit und der Verantwortungs-Übernahme für gesellschaftliche Fragen, ein politischer Katholizismus des kritischen Denkens und des offenen Wortes.
Dieses kritische Denken pflegte Vogel auch innerkirchlich. Die Deutsche Bischofskonferenz wie der Vatikan hatten mit einem ZdK-Präsidenten zu rechnen, der seinen eigenen Kopf hatte – und ihn nicht hinter den Mauern der ZdK-Zentrale in der Bonner Hochkreuzallee versteckte. Das ZdK gedenkt einer herausragenden Persönlichkeit des Katholizismus in Deutschland, einem großen und unermüdlichen Vordenker und Gestalter. Wir ehren sein Lebenswerk und trauern gemeinsam mit allen, die ihm auf seinem Lebensweg verbunden waren. Möge er in Frieden ruhen.“
Ministerpräsident a.D. Kurt Beck, Kuratoriumsvorsitzender der Europäischen Stiftung Kaiserdom:
„Wir wollen diese Begegnung nutzen, um dankbar zu sein. Dankbar für eine Persönlichkeit, die Herausragendes in der Politik geleistet – hier in unserem Land Rheinland-Pfalz, als Abgeordneter, als Minister, als Ministerpräsident. Und dann, in einer ganz besonders herausfordernden Zeit für Deutschland, in Thüringen.
Bernhard Vogel hat wichtige Beiträge geleistet, um unser Land zur Gemeinsamkeit zu führen, und wir alle haben sicher aus dieser Zeit sein Wort noch im Ohr, als er immer von den ‚jungen Ländern‘ gesprochen hat, um deutlich zu machen, dass nichts Neues zusammengekommen ist, aber etwas, das neue Chancen bietet, und Gemeinsamkeit dann auch für unser ganzes Volk bedeuten kann. Bernhard Vogel hat allzu häufig, und ich finde immer zu Recht, gemahnt, dass wir alle auch Verantwortung für unsere Gesellschaft haben. Für ihn hat das immer besonders auch für kirchliches Engagement gegolten. Ich will heute Abend besonders danken für sein Mitwirken bei der Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer. Er hat von Anfang an im Kuratorium mitgewirkt, und sein Mitwirken in den Gremien dieser Stiftung hat bedeutet, dass diese Stiftung wahrgenommen worden ist, über einen engeren Kreis von Interessierten hinaus.
Ich durfte Bernhard Vogel an vielen Stellen des gesellschaftlichen Engagements immer wieder begegnen. Jede dieser Begegnungen hat etwas gegeben, ganz persönlich und über jede parteipolitische Grenze hinweg. Und das ist eine Gabe, die er hatte, die einem Respekt abwürdigt, die einem aber auch bleibende Erinnerungen mit auf den Weg gibt. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir an vielen Stellen immer wieder, bei unterschiedlichsten Gelegenheiten, auf Spuren treffen, die von ihm ausgegangen sind.“
Sr. Gertrud Dahl, Vorstandsvorsitzende der St. Dominikus-Stiftung Speyer: „Bernhard Vogel hat dem Vorstand der St. Dominikus Stiftung Speyer seit ihrer Gründung im Jahr 2003 und bis zum Jahr 2022 angehört. In diesen fast 20 Jahren wurden im Vorstand der St. Dominikus Stiftung Speyer weitreichende Entscheidungen getroffen. Ob Leitbildprozess, Satzungsänderungen, Vermögensverwaltung – Bernhard Vogel hat unsere Vorstandssitzungen nicht nur mit seinem unermesslichen Fach- und Erfahrungswissen bereichert.
Er schaffte es, in einzigartiger Weise versöhnlich und vermittelnd aufzutreten und zugleich in Sachfragen klar Stellung zu beziehen. Bildung war Bernhard Vogel ein Herzensanliegen und als praktizierender Christ war ihm besonders am Fortbestand katholischer Privatschulen gelegen. Auch unsere Jugendhilfeeinrichtungen, unser Krankenhaus und das Hospiz waren Bernhard Vogel wichtig. Ihm war daran gelegen, dass die dominikanische Tradition in Leitbildern und der öffentlich wahrnehmbaren Identität auch in Zukunft spürbar bleibt. Wir haben Bernhard Vogel viel zu verdanken und sind froh, ihn an unserer Seite gehabt zu haben.
Seine persönliche Integrität und über jedes formale Amt hinausgehende menschliche Zugewandtheit zeichneten Bernhard Vogel besonders aus. Wir verneigen uns vor seinem Lebenswerk, werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren und ihn in unser Gebet einschließen.“
Stefanie Seiler, Oberbürgermeisterin der Stadt Speyer: „Der Tod von Bernhard Vogel macht auch uns in Speyer sehr betroffen. Zeit seines Lebens hat sich Bernhard Vogel in unterschiedlichen politischen Ämtern in herausragender Weise für die Belange der Domstadt eingesetzt und wurde dafür anlässlich seines 70. Geburtstags mit dem Speyerer Ehrenbürgerrecht ausgezeichnet.
Aber nicht nur für unser Bundesland, sondern auch in seinem Amt als Brückenbauer zwischen Ost und West hat sein unermüdlicher Einsatz Spuren hinterlassen. Geleitet von seinem unerschütterlichen Glauben an unsere demokratischen Werte und seine Verpflichtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern hat der ehemalige Ministerpräsident stets auf Dialog und Konsens gebaut.
Sein Engagement für soziale Gerechtigkeit und die Einheit unseres Landes spiegelt die Prinzipien unseres Grundgesetzes wieder und wird, so bin ich mir sicher, auch über seinen Tod hinaus weiterwirken.“ - Presse Bistum Speyer