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- Veröffentlicht am Freitag, 06. Dezember 2024 15:28
v. l. Nikolausturm (Ruine), Nikolauskapelle (Ruine) aus: „Kunstdenkmäler Bayern, Pfalz, Speyer", 1934.
Auf den Spuren des heiligen Nikolaus in Speyer
Die Kirche St. Nikolaus (Nikolauskapelle) stand auf dem Platz der Antikenhalle, schon lange eine Gedenkhalle für gefallene Speyerer Soldaten. Zwischen der Kapelle und dem Dom existierte die Bischofspfalz.
Die Kapelle ist wird erstmals 1242 genannt. Entstanden ist sie wahrscheinlich während der Dombauzeit, also im 11.Jahrhundert – jedenfalls war sie ursprünglich romanisch, wie der Dom.
St. Nikolaus war vor allem die Zunftkirche der Hasenpfühlerzunft: das war der gewerbliche Zusammenschluss der Speyerer Rheinkaufleute, Eigner, Schiffbauer und Schiffer sowie der Hafenarbeiter. Der Bischof Nikolaus von Myra (in der heutigen Türkei) war damals der (Schutz-)Patron dieses Personenkreises und somit dieser Zunft.
Nikolausturm, links vom Turm steht heute das Friedrich-Spee-Haus. Vom Standort des Turms führt die Nikolausgasse - zunächst eine Treppe - hinab zur Sonnenbrücke. Rechts vom Turm ein Teil der ehemaligen Stadtmauer. - © Historisches Museum der Pfalz, Speyer.
Bischof Reinhard von Helmstatt ließ 1456 die Nikolauskapelle im Stil der Gotik erneuern. Im Inneren war der Hauptaltar dem heiligen Nikolaus geweiht, der Nebenaltar dem heiligen Pantaleon. Die Nikolauskapelle fiel dem Stadtbrand von 1689 zum Opfer (Pfälzischer Erbfolgekrieg), sie wurde Ruine und verfiel. Beim Bau der Antikenhalle 1825 riss man die Reste des Gebäudes ab.
Heute erinnert an das abgegangene Gotteshaus die Nikolausgasse, die einstige Verbindung von Treppe und Kloster St. Magdalena. Der Bereich zwischen der Brücke und dem Kloster wurde im 16. Jahrhundert nach einem nahegelegenen Gasthaus ‚Zur Sonne‘ – mit Herberge? – in Sonnengasse umbenannt.
Die Sonnenbrücke ist die einzige, noch fast komplett im ursprünglichen Zustand erhaltene mittelalterliche Brücke in Speyer. 1242 erstmals genannt, trug sie den Namen Nikolausbrücke. Der gesamte Bau unterm Straßenpflaster (19. Jahrhundert) bis auf den Grund des Speyerbachs ist aus dem Mittelalter – mit neueren Ausbesserungsmaßnahmen.
Die östliche Mauer auf der Brücke wurde wohl im 17. Jahrhundert errichtet, die Mauer auf der Westseite entstand wahrscheinlich im 19. Jahrhundert.
Der moderne Bischof Nikolaus (20. Jahrhundert) erinnert an den ursprünglichen Namen der Brücke. Warum der Brückenheilige kein Gesicht hat, wollte der Speyer-Report von Wolf Spitzer wissen. Der Künstler antwortete: „Da kann sich jeder Betrachter ein Gesicht dazu denken“.
Über den zwei Staffeln der Treppe beim Friedrich-Spee-Haus stand der zirka 20 Meter hohe Nikolausturm, romanisch, später gotisch erneuert. Wegen den Staffeln/Domstaffeln wurde der Turm auch Domstaffelturm genannt. Eine Staffel besteht aus einem Abschnitt mit mehreren Stufen in einer Treppe.
Militärisch zwar schon lange nach dem Stadtbrand 1689 sinnlos geworden wäre der Nikolausturm heutzutage als einziger Speyerer Treppenturm von einst 68 Stadtmauertürmen ein besonderes historisches Denkmal. Aber der Stadtrat ließ ihn 1831 abreißen.
Im Kriegsfall gehörte der Nikolausturm zu dem Teil der Stadtmauer, den die Schneider zu verteidigen hatten. Die Schneider waren also, wie alle anderen Zünfte und Gilden, auch militärisch ausgebildet. - bb