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Heinrich Andreas Schilling bekommt den Lebenswerkpreis für Kunsthandwerk

Nominierte und Ausstellungsbeteiligte ausgewählt

Im Rahmen der Verleihung des Pfalzpreises für Kunsthandwerk zeichnet der Bezirksverband Pfalz in Kooperation mit der Handwerkskammer der Pfalz den Grünstadter Dechslermeister und Diplomdesigner Heinrich Andreas Schilling mit dem undotierten Lebenswerkpreis aus, so die einstimmige Entscheidung der Jury.

   Die Varianz und Vielfalt seiner aus Holz gearbeiteten Werke – der Bogen reicht von Dosen und Schalen über Schmuck und Schreibutensilien bis hin zu Spielzeug – überzeugen in ihrem ausgewogenen Verhältnis von Form, Material und Funktionalität.

   Mit hoher handwerklicher Versiertheit und Perfektion bestechen seine Werke neben ihrer Formvollendung vor allem in der sensiblen Kombination ausgewählter Hölzer. Hier beweist Schilling ein außergewöhnliches Feingespür, die natürlichen Maserungen des Holzes und seinen naturbelassenen Strukturen zur Wirkung zu bringen.

   Selbst Wachstumsstörungen oder Verletzungen des Holzes werden in die Gestaltung integriert und wandeln die Gebrauchsgegenstände zu Metaphern menschlichen Handelns und Seins. Außergewöhnlich ist die Erweiterung des Drechslerhandwerks mit einer weiteren Handwerkstechnik.

   So markiert er Risse mit präzisen Nähten. Zur Stärke des Holzes gesellt sich die Sensibilität des in der Natur gewachsenen Materials. Immer wieder überrascht Schilling mit neuen Wegen in seiner zu den ältesten Handwerkstechniken zählenden Profession. Kleine rechteckige Dosen aus Beton lässt er in unregelmäßigen Rändern auslaufen. Der Kontrast der Materialien gipfelt in der feinen Lineatur und macht den Gebrauchsgegenstand zu einem Bildwerk abstrakter Kunst.

   Schilling wuchs in der familieneigenen Drechslerhandwerkstatt auf. Nach Drechslerlehre und Produktdesignstudium in Hildesheim an der Fachhochschule legte er die Meisterprüfung ab und übernahm die Werkstatt seines Vaters. Er wurde für seine Arbeiten vielfach ausgezeichnet, so beispielsweise mit dem Staatspreis von Rheinland-Pfalz und 1985 mit dem Pfalzpreis für Kunsthandwerk des Bezirksverbands Pfalz. Schilling besitzt ein hohes Maß an Beobachtungsgabe, eine besondere Varianz und Experimentierfreude in seinen Arbeiten. Und so erhält er den Preis für ein über die Jahre lebendig gebliebenes Werk, das sich mit formaler Souveränität auszeichnet.

   Für den mit 10.000 Euro dotierten Pfalzpreis für das Kunsthandwerk nominierte die Jury vier Kunsthandwerker: den in Kirchheimbolanden geborenen Tischler Till-Mathis Aufleger, die Keramikerin Mi Sook Hwang aus Münchweiler an der Rodalb, den gebürtigen Kirchheimbolander Tischlermeister Felix Jäger und die Frankenthaler Tischlermeisterin Melina Rauscher.

   Tischlergeselle Aufleger überzeugte die Jury mit seinem „Würfelwerk“ durch die konsequente Umsetzung eines Hängeschranks in Würfelform. Schlicht und klar umrissen, besticht das Möbel zudem mit einem perfekten Einsatz der Holzmaserung im Außen als auch im Inneren. Der Schrank dient der Aufbewahrung von Handwerkszeugen und beeindruckt in seiner gleichermaßen ungewöhnlichen und überzeugenden sowie mit Liebe zum Detail gearbeiteten Organisation.

   Der „Stehtisch als Skizzentisch“ von Tischlergesellin Rauscher zeigt gleichfalls eine formal überzeugend durchdachte Umsetzung des Entwurfs. Hier werden geometrische Formen mit einer Leichtigkeit verbunden und zugleich von einem feinen Furnierbild unterstützt. Jägers „KaraTe Do Vertiko“ wagt in der Verbindung seiner Leidenschaft für Karate eine Neuinterpretation des Vertikos. Entstanden ist ein Möbelstück mit einer außergewöhnlichen Präsenz, dem es gelingt, die Ausstrahlung eines japanischen Kriegers in hoher handwerklicher Könnerschaft zum Ausdruck zu bringen.

   Die Deckel-Behälter der aus Seoul stammenden Keramikerin Hwang überzeugten in einer bis ins kleinste Detail hohen technischen Raffinesse. Ein klares Dekor aus kurzen, sich nicht überschneidenden Linien sorgt in seiner Zufälligkeit für eine große Lebendigkeit. Wer den Deckel abhebt, wird von einer leuchtend gelben Glasur überrascht.

   Zwei Nominierungen gibt es für den mit 2.500 Euro dotierten Nachwuchspreis: den Goldschmied Joachim Huttenlocher und den Tischler Leon Wegener, die beide gerade ihre Ausbildung an der Meisterschule für Handwerker in Kaiserslautern absolviert haben. Huttenlocher konnte die Jury mit der präzisen Verarbeitung seines Parfümflakons aus Silber, Gold und einem Smaragd-Memoire-Ring und Wegner mit seinem Gesellenstück, einem Barschrank aus Eiche im japanischen Stil, überzeugen; die Behandlung der Oberflächen, die auf eine traditionelle japanische Holzverarbeitungstechnik zurückgreift, ist originell – eine gelungene Einbettung japanischer Handwerkskunst in europäischen Möbelbau.

   Die Bekanntgabe der Preisträger erfolgt bei der Pfalzpreis-Gala am Sonntag, 10. November, um 18 Uhr im Pfalztheater Kaiserslautern durch den Bezirkstagsvorsitzenden Hans-Ulrich Ihlenfeld. Der Jury gehörten an: bei zwei Sitzungen unter dem Vorsitz von Theo Wieder beziehungsweise Hans-Ulrich Ihlenfeld sowie Tanja Hermann Dirk Fischer, Präsident der Handwerkskammer der Pfalz, Reinhard Geller vom Kunstverein Donnersbergkreis, Dr. Svenja Kriebel, Abteilungsleiterin Angewandte Kunst des Museums Pfalzgalerie, die Korbmachermeisterin Monika Nickel-Stein, Sarah Piller von der Kulturberatung Rheinland-Pfalz, Nicole Ulrich von der Beratungsstelle Formgebung Handwerkskammer der Pfalz, Goldschmiedemeisterin Anne Wagner, die Keramikkünstlerin Dorothee Wenz und die Keramikkünstlerin Friederike Zeit.

   Die Ausstellung zeigt einen Querschnitt des kunsthandwerklichen Schaffens der Region aus den Bereichen Schmuck- und Edelsteingestaltung, Edelsteinschleiferei, Holzbearbeitung, Keramik und Instrumentenbau und lässt das hohe Niveau, auf dem in der Pfalz gearbeitet wird, erkennen. Insgesamt gingen 46 Bewerbungen ein; 20 Kunsthandwerker konnten sich für die Ausstellung qualifizieren.

   Die Ausstellung wird am Freitag, 15. November, um 18 Uhr eröffnet und ist bis 15. Dezember im Wadgasserhof des Stadtmuseums in Kaiserslautern, Steinstraße 55, mittwochs bis freitags von 10 bis 17 Uhr und samstags, sonn- und feiertags von 11 bis 18 zu sehen. - Regina Reiser

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